DANZIG - Langer Markt und Rechtsstädtisches Rathaus (aufgenommen/veröffentlicht zwischen 1890 - 1900)

DANZIG - Langer Markt und Rechtsstädtisches Rathaus (aufgenommen/veröffentlicht zwischen 1890 - 1900)

Quelle: Library of Congress Washington, DC, USA

MOMENTE IM DANZIGER WERDER ...

so lautet der Titel der Homepage unseres Vereinsmitgliedes Rainer Müller-Glodde.

Wer sich mit der Geschichte und dem Leben im Danziger Werder, der Danziger und Elbinger Niederung bereits etwas mehr vertraut gemacht hat oder gerade damit beginnt, kommt an der Homepage www.momente-im-werder.net einfach nicht vorbei. Seine eigenen Wurzeln reichen tief in die Landschaft des Danziger Werder, und so hat sich Rainer Müller-Glodde nicht nur damit begnügt, die Geschichten seiner eigenen Vorfahren zu sammeln und online zu stellen - er hat mit Unterstützung vieler anderer Familienforscher auf seiner Website Familienstammbäume, diverse Fotos, Lebensberichte und Familienchroniken zusammengetragen. Hinzukommen zum Teil ausgewertete Quellen (Kirchenbücher, Pfarrchroniken, anderweitig bereits veröffentlichte Aufsätze etc.) und weitere Literaturangaben, die für den Familienforscher im Gebiet des Danziger Werders und der Danziger/Elbinger Niederung von unschätzbarem Wert sind.

Sehen Sie selbst ...




Die Haus- und Hofmarken im Danziger Werder

In vielen Gegenden unbekannt, waren sie doch unter anderem im Danziger Werder weit verbreitet - die sogenannten Haus- und Hofmarken.

In seinem Artikel "Die Bewohner der Dörfer Groß- und Klein Zünder im 17. und 18. Jahrhundert" (siehe: Danziger familiengeschichtliche Beiträge, herausgegeben von der Gesellschaft für Familienforschung, Wappen- und Siegelkunde in Danzig, Heft 1 – 7, Danzig 1929 -1943, Sonderschrift des Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen e. V. Nr. 60, Nachdruck Hamburg 1988, S. 101 – 114) schreibt der Autor Eugen B. Jantzen über die Haus- und Hofmarken folgendes:

"Wie alle freiköllmischen Bauern führten die Hofbesitzer hier wie anderwärts Hofmarken, die am Hofe und an allem lebenden und toten Inventar, nicht an der Person des Eigentümers, hafteten. Ich gebe nachstehend Familiennamen und Hofmarken für das 17. und 18. Jahrhundert an, soweit ich sie aus den amtlichen Aktenbündeln des Danziger Werders, dem sog. 'Werderschen Amtskasten' (im Danziger Staatsarchiv) und aus anderen Quellen ermitteln konnte. ..."

Rainer Müller-Glodde führt auf seiner Website zu diesem Thema noch folgendes aus:

"... Der Titel von Jantzens Artikel erweist sich als irreführend. Es geht nicht um "Die Bewohner" sondern um diejenigen Bewohner, die Höfe besaßen, d.h., um die Nachbarn / Mitnachbarn und ab dem 19. Jahrhundert "Hofbesitzer". Außen vor bleiben die Handwerker, die Gärtner, die Eigentümer und das Gesinde, die Dienstboten, Knechte und Mägde. Jantzens Titel und Sichtweise geht offensichtlich in Richtung dessen, was der Alte Herr um 1980 über die Zeit 1924 - 34 im Werder schreibt: Und die Landarbeiter, die in den Katen wohnten? Die redeten die Bauern mit "Gnädiger Herr" an und wurden mit Vornamen angesprochen. Über deren Nachnamen weiß ich nichts – aber sie zählten im Werder sowieso nicht. Nur die Bauern, zur Not noch der Pfarrer, wenn er Skat spielen konnte und einen Schnaps mochte.

Doch je mehr und öfter ich in dem Artikel herumstöbere desto irritierter werde ich aus zwei Gründen:

a) Kein einziger Nachname erscheint mehr als als zweimal hintereinander - Vater - Sohn. Danach kommen andere Namen, in einigen Fällen irgendwann wieder der erste Name. Was bedeutet das?

Ich frage im www.Forum.Danzig.de nach und Gerhard Sinus antwortet:

Die Zeiten waren hart damals im Werder. Überschwemmungen vernichteten Existenzen. Hinzu kamen Pest, Typhus- oder Cholera-Epidemien, Kriege und Zerstörungen. Die Werderbauern hatten es nicht leicht. Als die Zeiten friedlicher wurden, waren häufig wirtschaftliche Schwierigkeiten die Ursache für den Besitzwechsel. Meine Tante hatte mir von einigen Höfen berichtet, wo der Inhaber "ausgebauert" hatte, also pleite war.

Ein weiteres Problem war die Erbfolge. In einigen Gegenden war es Brauch, dass der jüngste Sohn den Hof erbte. Das hatte zur Folge, dass die älteren Söhne beizeiten den Hof verließen, entweder in einen anderen Hof einheirateten oder nach Danzig gingen und Kaufmann oder Handwerker wurden. Geschah nun dem jüngsten Sohn etwas, standen die älteren Brüder für die Hofübernahme nicht mehr zur Verfügung und der Hof wurde verkauft.


Das klingt logisch ... Groß und Klein Zünder liegen in der Einfallsschneise zu Danzig. Jedes Mal, wenn es militärisch gegen Danzig ging, saßen die Städter gut geschützt hinter Mauern, und die Bevölkerung der Danziger Niederung wurde heftig gebeutelt, sei es von feindlichen, sei es von befreundeten Truppen.

Falls Sinus' Aussage zutrifft dann bedeutet das, soziologisch gesehen, eine extrem instabile Dorfgemeinschaft. Ist das so?

Je tiefer ich in die Materie einsteige desto mehr schält sich heraus, - zumindest für Groß und Klein Zünder - dass überraschend häufig der Hof an den zweiten Ehemann der Witwe oder an die Tochter bzw. deren eingeheirateten Ehemann übergeht - woraufhin sich der Besitzername des Hofes verändert, dieser jedoch in der Familie bleibt. Auch erfolgen Käufe und Verkäufe innerhalb der Familie. Im Ergebnis erweist sich die Gemeinschaft der "Mitnachbarn" trotz aller Katastrophen viel stabiler als zuerst vermutet. - Weitere Analysen stehen an.


b) Mit Bezug auf das Kirchenbuch listet Jantzen für 1733 20 Höfe in Groß Zünder (GrZ) und 17 Höfe in Klein Zünder (KlZ), mithin insgesamt 37 Höfe. Gleichzeitig stellt er 75 GrZ / KlZ zugeordnete Hofmarken dar, mehr als das Doppelte der Zahl an Höfen. Wie passt das zusammen?

Sukzessive stellt sich heraus, dass etliche der Hofmarken sich auf den gleichen Hof beziehen ..."


Die Haus- und Hofmarken

Von Dr. C. G. Homeyer

Ordentlicher Professor der Rechte, Mitglied der Königlichen Akademie
der Wissenschaften zu Berlin und des Herrenhauses
Herausgegeben vom Verlag der Königlichen Geheimen Ober- und Hofbuchdruckerei (R. v. Decker)
Berlin, 1870

Unter dem o.g. Originaltitel verbirgt sich ein für den Ahnenforscher meiner Ansicht nach unentbehrlicher Helfer zur Klärung der Entstehung und Bedeutung von sog. Haus- und Hofmarken. Im Rahmen meiner eigenen Familienforschung hatte ich die Gelegenheit, mir dieses im Jahre 1870 herausgegebene Buch im Original anzusehen und die für mich wichtigsten Passagen, größtenteils in Form von Zitaten, schriftlich zu fixieren.

An dieser Stelle will ich den Autor des Buches, Dr. C. G. Homeyer, mit seinem Vorwort selbst „zu Wort“ kommen lassen:

„Zu dem Gegenstande dieser Schrift hat mich eine Untersuchung über das ‚Handgemal’ des Sachsenspiegels I.51, III.26, III.29 geführt. Ich glaubte, die ermittelte doppelte Bedeutung des Wortes, einmal als Handzeichen, chirographum, sodann als Stammgut, curtis principalis daraus erklären zu können, dass ein und dasselbe Zeichen theils die Namensunterschrift einer Person vertrat, theils zum Merkmal ihrer Habee, besonders ihrer vornehmsten Besitzung diente, hier also das signum pro signato stand.

Nun hatte ich in Falck, Handbuch des Schleswig-Holsteinischen Privatrechts IV. 249, gefunden, dass Zeichen mit dieser zwiefachen Anwendung in jenen Gegenden unter dem Namen ‚Hausmarke’ gebräuchlich seien. Namentlich hiess es dort, Note 8: auf die Spuren dieser Hausmarken in der obigen Sachsenspiegelstellen sei im dritten Bericht der schleswigschen Alterthumsgesellschaft aufmerksam gemacht worden. Der herbeigeschaffte Bericht ergab freilich nichts für diesen Zusammenhang. Dagegen gewann ich über das Vorkommen, über die Benennungen, über die Verwendung solcher Marken anderweitige Hülfe in Falcks dortigen Belegen aus den Elbherzogthümern, in den altschwedischen Satzungen über das ‚bolsmaerke’, in Finn Magnussens ‚Runamo’, in dem Lübschen Urkundenbuche, aus Processacten des Obertribunals über die Hofmarken bei Danzig, aus allerlei Mittheilungen von Rügen. Dies war die Ausrüstung, mit der ein akademischer Vortrag über die Heimath, gedruckt 1852, das Band zwischen dem Handgemal des Rechtsbuches und unsern Hauszeichen zu knüpfen suchte. Erst bei der Correctur jenes Druckes kam mir der von Falck wirklich gemeinte Bericht, es war der zweite, zu Händen, so dass ich seiner nur nothdürftig, S. 73, 75 und Note 133, gedenken konnte...

Es war die mystisch runenähnliche Gestalt, die tiefe Verborgenheit, aus der diese der gelehrten Kunde fast fremd gebliebene Zeichenwelt nun in unzähligen, nach Zeit, Räumlichkeit und Gewerbe zerstreuten Punkten emportauchte, die mich reizte und trieb, dem Ursprunge, der äussern und sachlichen Verbreitung, der Bedeutung für das Rechtsleben, dem Hinschwinden und den heutigen Überbleibseln sorgsam nachzugehen.

Im Januar 1853 versendete ich ein glubblatt ‚die Haus- und Hofmarken’ mit einem Umrisse der bisher zu Tage getretenen Erscheinungen, forderte zu fernerem Forschen auf und bat um öffentliche oder sonstige Mittheilungen. Den Erwartungen entsprach ein reicher Erfolg. Vor allen fand sich Michelsen angeregt, jene seine frühere Verheissung durch die Hausmarke 1853, 68 S. gr. 8., in gelehrter, vielseitiger Weise zu erfüllen.

Zahlreiche Aufsätze lieferten meist in Zeitschriften für einzelne Gegenden umfangreiche Beiträge. Ich benutzte die jährlichen Ferienreisen zu eigenen Streifereien dieses Behufs und gedenke noch gerne der frischen Eindrücke und lebendigen Anschauungen, die ich in den Gängen der Kirchen zu Danzig und Greifswald, in den Strassen von Hildesheim, bei den Schullehrern und Wirthen zu Igis und Zizers in Graubündten, dann wiederum auf Helgoland und aus den Dörfern meiner vorpommerschen Heimath schöpfte..."

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